3.2.2 Erziehen

1. Bildung durch Erziehung und Beratung

Im Zentrum pädagogischer Ziele steht die Bildung der Schülerinnen und Schüler. Bildung wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden als die Entwicklung zu Emanzipation und Autonomie in gesellschaftlicher Verantwortung. Bildung braucht, um dieses Ziel zu erreichen, nicht nur Unterricht, sondern auch Erziehung und Beratung.

Lehrerinnen und Lehrer müssen in der Lage sein, ihren Schülerinnen und Schülern Bedingungen zu setzen, in denen sie in der Gemeinschaft ihre soziale Rolle entwickeln können und sich zugleich mit ihren persönlichen Anteilen einzubringen. Ebenso müssen sie in der Lage sein, ihren Schülerinnen und Schülern beratend zur Seite zu stehen und dazu auch andere an der Erziehung und Bildung beteiligte Akteure mit einzubeziehen.

Im „Referenzrahmen für die Ausbildung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst“ des Landesinstitutes für Lehrerbildung Hamburg“ (Stand 05.2014, S. 3 (LI_Brief_sw – download-pdf-referenzrahmen-stand-mai-2014.pdf ) heißt es dazu:

Kompetenzbeispiele für Erziehen

  • Konfliktfähigkeit: „kann Konflikte – insbesondere im Zusammenhang mit dem Durchsetzen von Regeln für Schülerinnen und Schüler benennen, Grenzen ziehen und gemeinsam angemessene Lösungswege entwickeln“
  • Verantwortungsfähigkeit: „übernimmt Verantwortung für ein wertschätzendes Sozialklima und für die Gruppen- und Lehrprozesse“
  • Klarheit über die eigene Rolle: „bietet rollenbewusst unterschiedliche pädagogische Beziehungen an und gestaltet sie“

Kompetenzbeispiele für Beraten

  • Kommunikationsfähigkeit: „vereinbart Kommunikationsregeln im Umgang mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters, Eltern, Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten und außerschulischen Partnern und Partnerinnen und wendet sie an“
  • Kooperationsfähigkeit: „ist bereit und in der Lage, mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern – Eltern und Familien, schulischen und außerschulischen Einrichtungen – zusammenzuarbeiten und sich mit außerschulischen Lernorten und Einrichtungen zu vernetzen“

Um diese wichtigen Aspekte von pädagogischen Kompetenzen etwas genauer auszuführen, werden die Kompetenzbereiche Erziehen und Beraten im Folgenden detaillierter ausgeführt.

2. Erziehen als Aufgabe

Die Aufgabe des Erziehens ist im schulischen Kontext sehr vielfältig und facettenreich. Sehr viele Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern haben erziehende Anteile, teilweise sehr offensichtlich und bewusst, teilweise eher implizit.

Wichtig ist es dabei, sich der Werte und Normen bewusst zu werden, die dem eigenen Erziehungsverständnis zugrunde liegen und dieses Verständnis angemessen in Beziehung zu setzen zu den Werten und Normen von Eltern und anderen bedeutsamen Bezugspersonen. In der folgenden Übung geht es um die wesentlichen Funktionen von Erziehung und um das Verhältnis der verschiedenen an der Erziehung beteiligten Personen und ihren Vorstellungen zueinander.

 

3. Beraten als Aufgabe

Beratung findet im schulischen Kontext tagtäglich in den verschiedensten Settings statt:

  • Sofern mich ein*e Schüler*in um Rat fragt, z. B. im Anschluss an eine Schulstunde, befinde ich mich schon in einer Beratungssituation.
  • Sofern ein Elternteil am Nachmittag anruft und sich nach dem Entwicklungsstand des Kindes erkundigt, kann sich aus dem Telefonat ein Beratungsgespräch entwickeln.

Diese Situationen implizieren die Aufgabe des Beratens, obgleich sie zunächst gar nicht explizit als solche definiert werden.

Daneben gibt es zahlreiche Situationen, die einen expliziten Beratungscharakter haben, z. B. wenn Kolleg*innen sich kollegial über den Umgang mit bestimmten Situationen beraten oder wenn Lernentwicklungsgespräche durchgeführt werden.

Lehrerinnen und Lehrer brauchen für beide Arten von Beratung Gesprächsführungskompetenzen. Sie müssen in den Beratungen Gelegenheit zur Reflexion geben, Orientierungen vermitteln und konstruktiv mit den Interaktionspartner*innen nach Lösungen suchen.

Im Folgenden erfahren Sie etwas mehr zu diesem großen Handlungsfeld im schulischen Alltag.

Reflexion

Sie haben nun einige Situationen kennengelernt, in denen Lehrer*innen beratend tätig werden. Und natürlich ergeben sich im Laufe einer Arbeitswoche viele weitere Momente, in denen Lehrkräfte ihre kommunikativen Fähigkeiten einsetzen, um sich mit anderen abzusprechen, moderierend in Konfliktsituationen einzugreifen oder auch Entscheidungsprozesse helfend zu unterstützen.

Überlegen Sie:

  • Wie schätzen Sie Ihre eigene Kommunikationsfähigkeit ein? Haben Sie z.B. Freude, daran mit anderen Menschen in Kontakt zu treten?
  • Was fällt Ihnen leicht in der Kommunikation mit anderen, worin könnten Sie Ihre Kompetenzen noch erweitern?

4. Klassenmanagement – Führung im Klassenzimmer

Die Fähigkeit zur Gestaltung eines gelingenden Umgangs mit Gruppen ist eine der grundlegenden Kompetenzen, um als Lehrkraft bestehen zu können. Diese Kompetenz ist keineswegs angeboren, sondern kann erlernt und trainiert werden: Entsprechend gehören Klassenmanagement, Führungsverhalten sowie Kommunikations- und Konfliktmanagement zu zentralen Lernfeldern in allen Phasen der Lehrerbildung.

Diese Managementfähigkeiten helfen z.B. dabei, im Unterricht Lehr-Lern-Prozesse gestalten und steuern zu können, Disziplinprobleme in den Griff zu bekommen und Konfliktsituationen zu bewältigen, genauso wie auch eine motivierende Schul- und Lernkultur zu befördern. Lernen Sie in der folgenden Übung einige Elemente kennen, die zu einem gelingenden Kassenmanagement beitragen:

Lehrkräfte haben die Möglichkeit durch Maßnahmen des Klassenmanagements, wie etwa Allgegenwärtigkeit oder abwechslungsreichen Gruppenunterricht, Unterrichtssituationen positiv zu beeinflussen und durch diese Formen des präventiven Verhalten dafür zu sorgen, dass Störungen gar nicht erst aufkommen. Diese Kompetenzen werden bereits im Studium grundlegend gefördert und dann schwerpunktmäßig während des Vorbereitungsdienstes in der praktischen Arbeit weiterentwickelt.

Reflexion

Sie haben sich nun mit verschiedenen Aspekten des Handlungsfelds Erziehen und Beraten im Aufgabenbereich von Lehrkräften auseinandergesetzt und dabei auch ein paar Situationen kennengelernt, in denen Lehrer*innen erzieherisch und beratend tätig sein können. Im Laufe einer Arbeitswoche ergeben sich für eine Lehrkraft viele Momente, in denen sie ihre diesbezüglichen Kompetenzen einbringen kann – sei es um sich mit anderen abzusprechen, moderierend in Konfliktsituationen einzugreifen oder auch Entscheidungsprozesse beratend zu unterstützen.

Lehrer*innen haben eine Vorbildfunktion für ihre Schüler*innen; von ihnen lernen sie nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Entsprechend ist mit den Aufgaben Erziehen und Beraten eine große Verantwortung verbunden: schließlich sind die Erfahrungen, die wir während unserer Schulzeit mit unseren Lehrer*innen gesammelt haben, oftmals prägend für unser weiteres Leben – positiv wie negativ. Genauso werden unsere Vorstellungen davon, was eine gute bzw. was eine weniger gute Lehrkraft ausmacht, von unseren persönlichen Erfahrungen beeinflusst.

Wenn Sie Lehrer*in werden wollen, könnte es also lohnenswert sein, über diesen Aspekt noch einmal etwas genauer nachzudenken, um die eigenen Motivationen zur Berufswahl zu entdecken und zugleich etwas über Ihre potentiellen Entwicklungsfelder zu lernen.

Hilfreich zur Entdeckung des eigenen „Lehrervorbildes“ können z.B. folgende Fragestellungen sein: Welche*r Lehrer*in ist Ihnen aus Ihrer Schulzeit noch besonders positiv im Gedächtnis geblieben? Was waren die Gründe dafür? Was hat er/sie in seiner/ihrer Lehrer*innenrolle besonders gut gemacht? Gab es auch eine*n Lehrer*in, die/der Ihnen weniger gut gefallen hat? Woran lag das?