6.2 Kompetenzen

Die beruflichen Ansprüche und Erwartungen, die im Verlaufe des schulischen Alltags an Lehrkräfte gestellt werden, sind so komplex wie vielfältig. Im Zusammenhang mit den verschiedenen Tätigkeiten ergeben sich ständig neue Anforderungssituationen, auf die sich Lehrerinnen und Lehrer einstellen müssen, denn

  • jede*r Schüler*in hat ihre/seine ganz eigene Persönlichkeit und bringt entsprechend individuelle Lernfähigkeiten und -bedarfe mit in die Schule.
  • Unterrichtstunden verlaufen nie gleich, denn keine Klasse ist wie die andere.
  • Elternabende werden auch von der Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft der beteiligten Eltern beeinflusst.
  • die Qualität der Zusammenarbeit in der Fachkonferenz ist von der Zusammensetzung der Teamkonstellation abhängig.

So ergeben sich aus jeder – eigentlich vermeintlich klaren – Aufgabe immer wieder neue Situationen, die maßgeblich von der Konstellation der beteiligten Personen und deren jeweiligen Erwartungen an die Lehrkraft beeinflusst werden. Lehrer*innen benötigen ein entsprechend breites Spektrum an Kompetenzen, um dieser Fülle von Anforderungen professionell und flexibel begegnen zu können.

Was heißt hier eigentlich „Kompetenz“?

Der Kompetenzbegriff spielt in der Lehrerprofession eine wichtige Rolle: einerseits müssen künftige Lehrer*innen eigene Kompetenzen weiterentwickeln und neue erlernen, um ihren Beruf ausüben zu können. Andererseits wird von Lehrkräften erwartet, dass sie ihre Schüler*innen in den verschiedenen schulischen Bereichen dazu befähigen, eigene Kompetenzen aufzubauen, wie etwa das Lernen zu lernen, Sozialität zu trainieren, Teilhabe an kulturellen und demokratischen Prozessen zu üben und sich ganz allgemein in der Welt zu orientieren.

Laut einer Definition „kann man Kompetenz als ein Bündel von körperlichen und geistigen Fähigkeiten bezeichnen, die jemand benötigt, um anstehende Aufgaben oder Probleme zielorientiert und verantwortungsvoll zu lösen, die Lösungen zu reflektieren und zu bewerten und das eigene Repertoire an Handlungsmustern weiterzuentwickeln.“ (Frey 2006 S. 31)

Kompetenzen können erlernt und durch stetige Anwendung weiterentwickelt werden. In den Phasen der Lehrerbildung spiegelt sich dieses Verständnis wieder: von Studium über Vorbereitungsdienst bis hin zur weiteren Professionalisierung in der Fortbildung von Lehrkräften wird an der (Weiter)Entwicklung von Lehrer-spezifischen Kompetenzen gearbeitet.

Welche Kompetenzen und Eigenschaften benötigen Lehrer*innen?

Sie haben nun bereits einige der vielfältigen Anforderungen kennengelernt, die heutzutage an eine Lehrkraft gestellt werden. In der folgenden Übersicht finden Sie verschiedene Kompetenzen und Eigenschaften, die hilfreich bei der Ausübung des Lehrer*innenberufs sind.

Aufgabe

Schauen Sie sich die folgende Liste aufmerksam an und überlegen Sie: Welche Kompetenzen und Eigenschaften könnten aus Ihrer Sicht besonders wichtig sein, um den Lehrer*innenberuf zufriedenstellend ausüben zu können?

Wählen Sie aus dem Angebot die 7 Aspekte aus, die Ihnen dafür am bedeutsamsten erscheinen und sortieren Sie diese per Drag & Drop in die dafür vorgesehen Felder ein.

 

Quelle: vgl. Weyand (2016) S. 157, mit eigenen Ergänzungen

 

Einordnung (Aufklapp-Button)

Wie Sie sicher schon vermutet haben, sind alle der vorgenannten Kompetenzen und Eigenschaften wichtig, um den Lehrerberuf zufriedenstellend ausüben zu können. So kann es hier also keine Auflösung im Sinne von „Richtig“ oder „Falsch“ geben.

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn Kompetenzen sind kontextspezifisch. Das heißt, sie lassen sich den Erfordernissen einer Situation und ihren jeweiligen Zusammenhängen entsprechend anpassen und sind damit flexibel in der Einordnung.

 

Viele der Kompetenzen, die Sie im Beruf benötigen, erwerben Sie durch Studium und Übung. Einiges, das sich nur schwer erlernen lässt, sollten Sie jedoch mitbringen – wie z.B. Spaß an der Arbeit mit Kindern. In den seltensten Fällen sind alle Kompetenzen bei einer Lehrkraft gleich stark ausgeprägt, denn natürlich sind auch hier Stärken und Schwächen individuell verteilt. Während des Studiums und der Ausbildung haben Sie jedoch ausreichend Gelegenheit gemeinsam mit Ihren Lehrenden, praktischen Ausbildern und Kommilitonen an ihrer Entwicklung zu arbeiten. Die Gesamtheit Ihrer erworbenen Kompetenzen im Zusammenspiel mit Ihren – für den Lehrberuf förderlichen – Eigenschaften entwickelt sich so im Laufe Ihrer beruflichen Biographie zu Ihrer einzigartigen „Lehrpersönlichkeit“.

Reflexion
Nehmen Sie sich etwas Zeit und überlegen Sie, welche Kompetenzen und Eigenschaften Sie bereits für die Arbeit in der Schule mitbringen und welche Sie dafür noch weiter entwickeln möchten. Vielleicht fallen Ihnen ja auch schon Situationen aus dem Schulalltag ein, wo Sie sich vorstellen können, diese einzusetzen? Schauen Sie sich noch einmal die 7 Kompetenzen und Eigenschaften an, die Sie ausgewählt haben. Warum haben Sie sich für genau diese entschieden?

 

Quellen
Frey, Andreas (2006): Methoden und Instrumente zur Diagnose beruflicher Kompetenzen von Lehrkräften. Eine erste Standortbestimmung zu bereits publizierten Instrumenten. In: Allemann-Ghionda, Christina, Terhart, Ewald (Hg.): Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern. (Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft; 51) Weinheim und Basel: Beltz, S. 30-46.

Weyand, Birgit (2016) Berufseignung und Berufsneigung bei Lehramtsstudierenden. Empirische und konzeptionelle Zugänge und programmatische Analysen zu Rekrutierungsverfahren in der aktuellen Lehrerbildung und deren Einbettung in institutionelle Strukturen, Heidelberg.